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Aus dem Leben eines Motorradfahrers

von Theo (Theo_W )

Kapitel 3: Mein erstes Motorrad

Nachdem ich den beschränkten Einser bis 27 PS erwerben hatte, wollte ich jetzt auch ein Motorrad. Mein Neffe besaß zu dieser Zeit eine CB 250 N. Das war eine zweizylindrige unverkleidete Honda mit 17 PS und schönen ComStar-Felgen.
Weil es das gleiche Motorrad auch als 400er gab, hatte es einen stabilen schweren Rahmen und sah nach mehr aus als es in Wirklichkeit war. Mir gefiel dieses Motorrad unwahrscheinlich gut und insgeheim dachte ich, eine solche Maschine kaufst du dir auch. Während ich an jedem Wochenende die Kleinanzeigen in der Zeitung nach so einem Motorrad durchsuchte, kam mein Neffe beim Vorbeifahren an einem Trecker auf regennasser Straße mit geringer Geschwindigkeit zu Fall. Dem Motorrad war weiter nichts passiert, aber der Neffe zog sich bei dem Sturz einen Trümmerbruch am linken Handgelenk zu.

Für mindestens ein Jahr oder länger könne er nicht mehr Motorrad fahren, sagten ihm die Klinikärzte. Nach dem Unfall hatte er ohnehin die Lust am Motorradfahren verloren und so verkaufte er mir seine Maschine, nicht ohne die Warnung, dass es ein ganz lahmes Motorrad sei.
Das wollte ich in meiner Ahnungslosigkeit aber nicht glauben. So ein großes Motorrad mit zwei Zylindern und einem markigen Sound – das musste einfach schnell sein.

CB 250 N

In den Papieren war es mit 120 km/h angegeben, das sollte doch einem Anfänger genügen dachte ich. Im Vergleich zu meinen Fünfzigern war das Motorrad wirklich ein Renner und so war ich zunächst ganz stolz auf meine Neuerwerbung. Sehr praktisch fand ich auch, dass ich mit dem Motorrad direkt zu meiner Arbeitsstätte in der Innenstadt fahren und auf dem Gehsteig parken konnte. Bis die Kolleginnen mit dem Auto einen Parkplatz suchten und sich dann zu Fuß in den Betrieb begaben, war ich schon umgezogen und saß im Büro. Auch der allmorgendliche Stau vor der ersten Ampel am Stadtrand war für mich jetzt kein Problem.
 
Nach Feierabend drehte ich oft noch eine kleine Runde mit der CB und hatte meine Freude daran. Inzwischen hatte sich der Freund meiner Tochter eine Kawa GPZ 305 mit 27PS gekauft und so fuhren wir jetzt in unserer Freizeit fast immer zusammen im Hinterland umher. Die kleine sonntägliche Tour verlegten wir nach einiger Zeit aber auf morgens, da uns mittags immer die Sonntagsfahrer die schönsten Streckenabschnitte vermiesten. Mit meiner CB konnte ich nicht mal schnell so einen schneckenden PKW überholen. Da zogen sich die Überholvorgänge ganz schön in die Länge. Die in den Papieren angegebenen 120 Sachen erreichte ich selbst auf langen Geraden nie. Als ich dann mal einem altersschwachen dieselrußenden VW-Bus mit 80 km/h hinterherfahren musste weil die Power nicht zum Überholen reichte, da hatte ich die Lust an der CB verloren. So viel Kraft sollte ein Motorrad schon haben, um an einem schrottreifen, stinkenden Dieselbus vorbeizukommen. Auch war ich täglich auf meinem Arbeitsweg, der einige Kilometer über die Autobahn führte, nur als rollendes Hindernis unterwegs und kam dadurch ständig in gefährliche Situationen. Ich wollte nun eine schnellere Maschine haben. Eine die das Tempo auf der rechten Spur mithalten konnte würde mir ja reichen.
 
Ich schöpfte jetzt die volle PS-Zahl meines beschränkten Führerscheins aus und kaufte günstig eine Yamaha XS 400 DOHC. Meine Honda konnte ich verlustfrei weiterverkaufen. Sie war jetzt knapp ein Jahr älter und hatte 10.000 Kilometer mehr auf dem Tacho.
 

Mit der XS hatte ich nun die Power die mir bei der Honda fehlte. Gleich in den ersten Wochen machte sie mir aber Kummer. Mal lief sie nur auf einem Zylinder, dann wieder gar nicht. Der Scheinwerfer wollte auch manchmal nicht. Es zeigte sich, ich hatte mir ein Bastelobjekt zugelegt. Ganz trübe sah es auch im Sicherungskasten aus. Verschmorte Halterungen der Sicherungen gleich mehrfach. Nach sechs Wochen hatte ich mit sehr viel Eigeninitiative und der Hilfe meines Schwagers, alle Mucken beseitigen können. Größter Problemfall war die rundgemurkste Ölablaßschraube, aber auch die bekamen wir mit viel Mühe in den Griff.

Ölablaßschraube der XS

Das traurige an der Sache war, dass eine Vertragswerkstatt den letzten Kundendienst an der Maschine ausführte und so eine Schlamperei hinterließ. Damit der Kunde von dem Pfusch nichts merken sollte, wurde eine Sechskantmutter auf den verbliebenen Stumpf mit etwas Lot aufgeklebt.
Von nun an lief die XS problemlos und zuverlässig. Ich kam jedenfalls über die nächsten 23.000 km gut mit ihr klar.
 
Eine Motorradgruppe findet sich
 
Unseren allwöchentlichen Sonntagstouren schlossen sich inzwischen immer mehr Motorradfahrer an, aber der harte Kern bestand nur aus vier Fahrern. Die anderen kamen wie sie Lust und Laune hatten. Mit der Zeit wurde es für mich immer schwieriger, neue und interessante Ziele in unserer Umgebung zu finden. Abends saß ich oft mit der Generalkarte am Tisch und plante die nächste Sonntagstour. Da zur Sonntagsausfahrt auch immer ein Cafebesuch gehörte, kamen schon bald die ersten Sozias mit. Einige Motorradfahrerinnen, zu denen auch meine Tochter gehörte, hatten wir ja schon.

In dieser Zeit sammelte ich meine Erfahrungen als Tourenführer. Diesen Job hatte ich mir nicht ausgesucht, aber da ich unsere Gegend am besten kannte, fiel mir das eben so zu. Als verlässlicher Partner und selbsternannter Schlussmann stand mir mein Freund Werner mit seiner Choppergülle zur Seite. Auf Technikprobleme und Erste Hilfe war mein Schwager Horst spezialisiert.
Innerhalb einer Gruppe zu fahren erfordert ein gewisses Maß an Rücksichtnahme gegenüber den anderen Gruppenmitgliedern. Man muss akzeptieren, nicht innerhalb der Gruppe zu überholen und dass der langsamste das Tempo bestimmt. Unseren jungen Wilden war das manchmal schwer zu vermitteln. Hatte ich stets Neulinge direkt hinter mir postiert, so musste ich einmal erleben wie mein Schützling während einer längeren Kurvenstrecke nach hinten durchgereicht wurde und sich jeder in ihren etwas größeren Sicherheitsabstand hineinzwängte. Das Mädel war völlig deprimiert und sah sich wohl schon in einer ihr fremden Umgebung alleingelassen. Hinter ihr waren nur noch Horst und Schlussmann Werner. Mich machte dieses Gruppenverhalten traurig und wütend zugleich und ich war nahe dran künftig alleine zu fahren.
Wir waren ja kein Club oder Verein, sondern nur einige Motorradbegeisterte die zusammen fahren wollten. Trotzdem sah ich jetzt die Zeit gekommen einige Grundregeln festlegen zu müssen, die im wesentlichen so aussahen:

Jeder Mitfahrer fährt eigenverantwortlich.
Innerhalb der Gruppe soll nicht überholt werden.
Jeder Fahrer achtet darauf seinen Hintermann nicht zu verlieren.
Bei Tourantritt sollte jedes Motorrad voll getankt sein.
Muss unterwegs einer nachtanken, so tanken alle, um nicht die
Gruppe mit weiteren Tankpausen aufzuhalten.

 
Gerade mit dem letzten Punkt hatte ich in der Praxisumsetzung aber so meine Probleme. Werners Chopper hatte den kleinsten Tank von allen Maschinen.
Deshalb meinte immer wieder mal einer, er müsste ja noch nicht nachtanken. Irgendwo, im einsamsten Hinterland natürlich, kam dann natürlich einer: »Weißt Du wo die nächste Tanke hier ist? Vor 10 km hab ich schon auf Reserve umgestellt …«.

 
Überhaupt hat es der Vorausfahrende einer Gruppe nicht einfach. Nach vorne muss er sich auf die Strecke konzentrieren, gleichzeitig passt er aber auch nach hinten auf um niemand aus der Gruppe zu verlieren. Auch muss er das richtige Tempo finden um Anfänger nicht zu überfordern. Anfänger neigen auch dazu an ihrem vorausfahrenden »zu kleben« aus Angst ihn an Kreuzungen zu verlieren. Da muss man immer bei Einmündungen eine längere Lücke im Verkehr abwarten, denn Anfänger fahren fast immer mit in die Lücke. Das Gleiche gilt auch bei Überholvorgängen. Heutzutage bringen Navi-Gerät und Handy doch Erleichterung in die Sache.
 
Damit unseren »Wilden« nicht gänzlich langweilig bei den Touren wurde, plante ich immer wieder längere Streckenabschnitte für sie mit ein. Bei Erreichen dieser Passagen hielt ich die Gruppe an und winkte die schnelle Truppe durch. Einige Kilometer weiter an der nächsten Kreuzung ordneten sie sich dann wieder in die Gruppe ein. Zum Glück ist bei einer solchen Hatz nie etwas passiert; aber ich hatte immer ein banges Gefühl bis ich die Jungs wieder bei mir hatte.

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