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Aus dem Leben eines Motorradfahrers

von Theo (Theo_W )

Kapitel 4: Die erste Wochenendtour mit Übernachtung

Unsere sonntäglichen Kaffeefahrten in der Nähe wurden nun immer öfters von Ganztagstouren abgelöst. Es zeigte sich, dass Tagesetappen bis 250 km ideal waren. Ich hatte endlich wieder jede Menge neue Ziele und grüne Strecken, und niemand war fahrerisch überfordert.
 
Unterwegs blieb genügend Zeit für Imbiss und Kaffeepausen. Auch für Zigaretten- und Besichtigungspausen hatten wir immer Zeit. Die Touren sollten Erholung sein und nicht in Stress ausarten. Irgendwann kam dann auch der Wunsch nach einer Wochenendtour innerhalb der Gruppe auf. Die Frage der Übernachtung war rasch geklärt. Es sollte billig sein und wegen evtl. Wetterkapriolen nicht fest vorgebucht werden müssen. Mit anderen Worten: Zelt und Schlafsack.
Die erste Tour sollte uns durch die Eifel führen. Werner kümmerte sich ums Übernachtungsziel, ich plante derweil nach der Generalkarte möglichst viele grüne und kurvenreiche Strecken in die Tour ein. Zwei Tage vor der Abfahrt stand das Probepacken an, denn wir waren darin noch unerfahren.

Es musste ja nicht jeder ein Zelt mitnehmen und nicht jeder hatte ein Gepäcksystem an seinem Motorrad. Schließlich war alles Gepäck auf die Mopeds verteilt und die anschließende Probefahrt war auch okay.
Der Samstagmorgen begrüßte uns mit Sonnenschein und der Wetterbericht verhieß nur Gutes. An unserer Ecke trudelten die Teilnehmer nach und nach ein und endlich war auch der letzte eingetroffen. Es konnte losgehen.

 
Über die vertrauten Straßen führte uns zunächst der Weg durchs Rheinhessische Hügelland, vorbei an Weinbergen und durch kleine romantische Dörfchen mit Dorfbrunnen und gepflasterten Kirchplätzen.

Im Dorfmittelpunkt fühlte man sich fast in die Zeit der Postkutschen zurückversetzt. In den engen Straßen hallte das Bollern der Motoren von den Hauswänden zurück. Kinder winkten uns vom Straßenrand freundlich zu. Ängstliche Katzen huschten schnell unter den Hoftoren durch oder sprangen auf die nächste Mauer um sich in Sicherheit zu bringen. Speckgürteln gleich umschlossen die gesichtslosen Neubauviertel die historischen Ortskerne. Schon führte die Straße wieder hinaus in die Wingert. Von den Höhen schauten Trullos, das sind rheinhessische Weinberghäuschen, und kleine Helljerhäuschen (Heiligenhäuschen, Feldkapellen) auf uns herab.

Trullo

Bei Münster-Sarmsheim fuhren wir über die enge Nahebrücke und schon führte die Straße hinauf in den Hunsrück. Dort oben war das Klima rauer und dichter Wald umgab uns. Noch kämpften sich die Strahlen der Morgensonne durch das dichte Laub und nebliger Dunst lag über dem Boden. Die Straße war kaum breiter als ein Waldweg und gewunden wie ein Wurm. Kein Fahrzeug begegnete uns, nur ein Forsthaus fand sich in der Einsamkeit. Bei Argenthal endete die Waldidylle und kurz darauf erreichten wir Simmern. Hier hielt man einst den berüchtigten Räuber Schinderhannes gefangen, aber er entwischte den Simmernern wieder. In Mainz fand er später sein Ende. Radlern ist Simmern durch den sehr schönen »Schinderhannes-Radweg« bekannt. Er führt über Kastellaun und Pfalzfeld nach Emmelshausen über die alte Bahntrasse und hat dadurch sehr sanfte Steigungen.
 

 
Weiter ging es. Hinter Kastellaun und vor Treis-Karden hielt die Strecke einige sehr schöne Kurvenabschnitte für uns parat. Oberhalb Treis-Karden hielten wir am Parkplatz an und genossen die tolle Aussicht aufs Moseltal und die Eifel. Unten auf dem Dorfplatz parkten wir unsere Motorräder und legten eine Rast ein. Nur gut dass es hier eine gut sortierte Konditorei gab. Frisch gestärkt ging es nun durch das Flaumbachtal hoch zum Kloster Maria Engelport und Mittelstrimming, dann wieder hinunter nach Beilstein.


Die schmale Straße wand sich mit dem Bach um enge Felsnasen, vorbei an hellen Auen um im nächsten Moment wieder in dunkle Wälder einzutauchen. In zunächst engen Serpentinen führte die Straße hinunter zur Mosel. Ein Glück dass wir mit Motorrädern da waren. Die Autos parkten in langer Kolonne die Moselstraße entlang. Für uns war das Parken kein Problem.
 

Beilstein

Beilstein ist ein wunderschön verwinkeltes Weindorf das unter Denkmalschutz steht. Die Gässchen und Treppen dienten schon manchem Film als Kulisse. Der kleine Marktplatz im Mittelpunkt erinnert ein wenig an die Rüdesheimer Drosselgasse. Souvenirläden reihen sich an Weinkneipen und Touristen überschwemmen den Ort. Wir schlenderten durch das Dorf, aber die Sonne brannte inzwischen ordentlich auf uns herab. Selbst die engen, schattigen Gassen boten keinen Schutz vor der Mittagssonne.
Wir waren froh, als wir mit unseren Mopeds der Mosel nach Alf folgen und den kühlenden Fahrtwind verspürten. Hier bogen wir rechts ab und fuhren über Bad Bertrich und Lutzerath zum Pulvermaar. Auf Luftbildern sehen die Kraterseen wie Augen der Erde aus. Unseren »Wilden« hatte ich empfohlen Badesachen mitzunehmen. Etwas zögerlich waren sie, weil viele Warnschilder auf Diebstahlgefahr hinwiesen. Wir postierten die Motorräder vor dem Strandcafe und wir »Alten« setzten uns auf die Terrasse, tranken was und passten auf. Die Jugend war begeistert und hielt sich auch einigermaßen an die vereinbarten zwei Stunden Badespaß.
 
Über schöne und einsame Landstraßen fuhren wir über Manderscheid zum Kloster Himmerod. Als vierjähriger Knirps nach dem Krieg war ich hier mal zur Erholung. Nichts erkannte ich dort wieder. Früher standen da nur einige Baracken. Das heutige Kloster und die Kirche wurden erst später gebaut.
Über Kyllburg und Waxweiler erreichten wir am späten Nachmittag unser Tagesziel Neuerburg. Werner hielt sich im Vorfeld immer ein wenig bedeckt mit der Übernachtung.
Auf der Karte konnte ich dort keinen Campingplatz finden. Wo sollten wir also zelten? Über dem Ort thronte eine Burg, da sollten wir schlafen. »Wie denn, in der Burg?« »Nein, vor der Burg! Wir dürfen dort unsere Zelte für eine Nacht aufschlagen. Tagsüber wird die Wiese als Bolzplatz benötigt.«


Wir passierten das Burgtor und eine lärmende Schar Kinder erwartete uns schon. Die Burg ist ein Schullandheim oder so etwas. Von nun an standen wir unter ständiger Beobachtung, denn die leiben Kleinen hatten keine Berührungsängste. Und Kinder können ja sooo viele Fragen stellen ...
Etwas schwierig erwies sich der steile Geröllweg zur Burgwiese mit dem Moped für die Kurzbeinigen.
 

Neuerburg

Schwager Horst, der ehemalige Kunstradfahrer, half aus. Souverän fuhr er die Mopeds runter. Unten standen wir bereit um ihm zu helfen durch die enge Pforte zu rangieren. Er brauchte aber keine Hilfestellung. Er schaffte es jedes Mal auf Anhieb die Motorräder heil hindurch zufahren.
Kaum hatten wir die Zelte gemeinsam aufgebaut, wurden die Kinder und wir zum Abendessen in die Burg gerufen. Nach einem einfachen, aber guten Mahl kam der gemeinsame Abwasch. Da schauten die Kinder. Damit hatten sie wohl nicht gerechnet, dass Motorradfahrer auch abspülen können.
Nachdem die Kleinen in ihren Zimmern waren, hielt der Burgvogt noch einen Plausch mit uns. Er bereitete das Frühstück für den nächsten Tag vor und hatte alle Hände voll zu tun. Trotzdem freute er sich über unsere Anwesenheit. Mit Einbruch der Dunkelheit musste auch das innere Burgtor verschlossen werden. Wir, die wir im äußeren Bereich der Burg kampierten, wurden ausgesperrt und so beschlossen wir, runter ins Dorf zu gehen um mit einem Bierchen den Tag zu beenden.
 
Morgens war es in unseren Zelten schon früh hell. Werner und ich waren Frühaufsteher und kamen schnell auf die Beine. Unsere Jugend hatte es da schon etwas schwerer mit dem Aufstehen. Werner half aber ein bisschen nach und so kam die Packerei langsam in Schwung. Alles musste wieder verstaut werden und Horst hatte die Motorräder schon hochgefahren, als wir zum Frühstück kommen konnten. Unser Burgvogt hatte ein wirklich leckeres Müsli bereitet. Den Kindern und uns schmeckte es ausgezeichnet. Gabi notierte sich das Rezept und die Tipps dazu, verschusselte aber später die Notiz.
Als wir die Burg verließen winkten uns die Kinder und der Burgvogt nach. Über einsame und kurvenreiche Nebenstrecken führte unser Weg nun nach Irrel. Dort befindet sich das »Westwallmuseum«. Das ist ein für Besucher hergerichteter alter Westwallbunker. Als wir ankamen mussten wir aber feststellen, dass sonntags erst um 16 Uhr eine Führung stattfand. Zu spät für uns. So konnten wir uns nur die Außenanlagen anschauen. Da war aber nicht viel zu sehen und so saßen wir bald wieder auf den Sätteln unserer Maschinen.
 

Vorbei am Eduardstift und der imposanten Wehrkirche in Welschbillig fuhren wir durch Eifel und Hunsrück nach Hermeskeil. Direkt an der Hunsrück-Höhenstraße ist eine recht große Flugzeugausstellung beheimatet.
Originell: Das Café befindet sich im Nachbau einer Concorde.
 
Die anderen Flugzeuge sind natürlich echt. Die Super-Constellation mit der einst Adenauer nach Moskau flog ist für mich das Prunkstück der Sammlung. Erstaunlich wie man so große Flugzeuge über die Landstraßen in den Hunsrück bringen kann. Leitwerke und Tragflächen kann man ja demontieren, aber die großen Flugzeugrümpfe müssen am Stück transportiert werden.
 

Bis Morbach blieben wir auf der Hunsrück-Höhenstraße, dann ging es wieder über die kleinen einsamen Landsträßchen nach Rhaunen. Spinnengleich liegt dieser Ort inmitten der hügeligen Landschaft. Acht Straßen führen in alle Richtungen aus dem Ort und man muss aufpassen nicht die falsche zu erwischen. Über eine holprige kurvenreiche Straße erreichten wir Gemünden. Hoch über der Ortschaft grüßte uns das imposante Schloss. Mitten im Dorf, direkt an der Bachbrücke, ist ein Cafe. Sehr empfehlenswert.
 
Steil und kurvenreich führte uns die Straße hoch zum Soonwald. Bei Kreershäuschen hat man dem »Jäger aus Kurpfalz« ein Denkmal erbaut. Hier im Soonwald war einst sein Jagdrevier.


Bei Oberhausen überquerten wir auf der alten bayerischen Brücke die Nahe. Bayern grenzte vor langer Zeit mal an Rheinhessen. Es erinnern noch etliche Baudenkmäler an diese Zeit als die Pfalz eine bayerische Provinz und der Prinzregent spendabel zu den Pfälzern war. Über winkelige Dörfer, vorbei an manchem Misthaufen, erreichten wir die mittelalterliche Kleinstadt Meisenheim.
 

die alte Nahebrücke

Vor den Toren der Stadt parkten wir unsere Motorräder, denn an Wochenenden ist die Innenstadt Fußgängerzone. Über den Mühlgraben und durch einen stark befestigten Torturm gelangten wir ins Stadtinnere. Der kleine Rundgang durch die mittelalterlichen Pflasterstraßen belohnt mit vielen schönen Fotomotiven. Meisenheim wird nicht umsonst das »Rothenburg an der Glan« genannt. Draußen vor dem Stadttor, zwischen Stadtmauer und der Glanbrücke, gab es für jeden noch ein leckeres Eis bevor wir weiterfahren.

 
Rechts vor der Glanbrücke steht ein großer Stein mit dem bayerischen Wappen. Nein, Meisenheim war noch nie bayerisch. Die Grenze zu Bayern verlief südlich der Stadt. Aber in Meisenheim gibt es einen bayerischen Heimatverein. Die Leute haben mal beim Bürgermeister nachgefragt ob sie einen Wappenstein dort aufstellen dürfen. Man war so tolerant und hat es genehmigt.
 
Vom Glantal zum Alsenztal und weiter zum Appelbachtal führen die kleinen Nebenstraßen hoch über die Berge um dann kurz darauf in engen Kurven wieder hinab zu führen.
 

Meisenheim

Schön wie die gegenüberliegenden Bergrücken in den letzten Sonnenstrahlen leuchten. Einzig die Windräder stören etwas im Landschaftsbild. Nur wenige Gehöfte und winzige Dörfchen gibt es da oben. Die Leute siedelten lieber in den geschützten Tälern. Wir durchquerten die »Rheinhessische Schweiz« und erreichen das »Cafe Emrich«.
 
Wie nach beinahe jeder Tour endete hier der offizielle Teil bei Kaffee und Kuchen oder mit einem köstlichen Eisbecher. Von hier sind es nur noch wenige Kilometer Heimweg.
Nachdem alle Teilnehmer von der Tour begeistert waren, sollten noch viele Kurzreisen und Motorradurlaube in den nächsten Jahren folgen.

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